Der Ermittlungsauftrag durch Unternehmen zur Überwachung von Mitarbeitern und Organen

Rechtsanwalt Dr. Gerhard Grüner, Mainz
– Mitglied des Präsidiums –

Grundsätzliche rechtliche Bausteine für Ermittlungsaufträge von Arbeitnehmern

Die sog. Telekom-Affäre über die Abhörung von Mitarbeitern, in diesem Fall sogar solche aus höchster Ebene, und die daraus resultierende Diskussion lenkt wieder einmal den Blick auf die (straf)rechtlichen Risiken, die mit der Tätigkeit des Privatermittlers verbunden ist. Aus diesem Anlass, gerade auch wegen einer Vielzahl ähnlicher, wenn auch weniger spektakulärer Fälle im Vorfeld der Telekom-Affäre, versuche ich im folgenden in der gebotenen Kürze und Prägnanz die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen aufzuschlüsseln, die speziell bezogen auf die Durchführung beauftragter Ermittlungen durch den Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer bestehen.

  1. Zulässigkeit von Privatermittlungen / Sittenwidrigkeit / Gesetzesverstoß

Bei Privatermittlungsaufträgen des Arbeitgebers wird es sich in der Regel um die Ermittlung von Tatsachen gehen, die eine Schädigung von Rechtsgütern des Unternehmens durch den Arbeitnehmer (Diebstahl, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, allgemeine Untreuehandlungen) oder aber die Ermittlung von Schlechtleistungen des Arbeitnehmers (z.B. Vernachlässigung der Arbeitskraft durch unzulässig exzessive Nutzung des betrieblichen Computers zur privaten Zwecken, fingierte Krankmeldungen) zur Vorbereitung einer arbeitsrechtlichen Kündigung belegen.

Grundsätzlich gehört es zu dem Kernbereich der Tätigkeit des Privatermittlers, Ermittlungsmaßnahmen vorzunehmen, die unter Umgehung des staatlichen Ermittlungsmonopols privatrechtlich beauftragt werden. Das staatliche Ermittlungsmonopol, sei es strafprozessualer Natur zur Aufklärung von Straftaten (§ 152 I StPO) oder polizeirechtlicher Natur zur Gefahrenabwehr bezogen auf private Rechtspositionen (nach den länderrechtlichen Polizeigesetzen) ändert daran nichts. Demnach ist der dem Ermittlungsauftrag zugrundeliegende Dienstvertrag (ständige Rechtsprechung zur Einordnung des Detektivvertrages) auch dann wirksam, wenn das staatliche Ermittlungs- und Handlungsmonopol berührt ist.

Hinweis: Verträge können dann sittenwidrig bzw. auf einen Gesetzesverstoß gerichtet sein, wenn der vereinbarte Vertragszweck ausschließlich oder im Wesentlichen in der Vornahme von Ermittlungshandlungen besteht, die insbesondere strafrechtlich verboten sind. In diesen Fällen entfällt der Honoraranspruch; mit Ausnahme gezahlter Vorschüsse, die in Kenntnis der Sitten- bzw. Gesetzeswidrigkeit des Vertrags geleistet worden sind. Generell empfiehlt es sich in Zweifelsfällen der Zulässigkeit projektierter Ermittlungshandlungen, den schriftlich fixierten Vertragsinhalt durch die generalklauselartige Umschreibung der projektierten Leistungen, nicht in Form von Einzelleistungen, die für sich problematisch sein können, darzustellen.

  1. Grundsätzliches zur Zulässigkeit von Privatermittlungen

    Der Gesetzgeber behandelt den Privatermittler wie jeden Privatmann, d.h. es gibt keine hoheitlichen oder quasi-hoheitlichen Rechte zur Vornahmen von vertraglich vereinbarten Ermittlungsmaßnahmen außerhalb des allgemeinen Festhalterechts des § 127 I 1 StPO, dessen Inhalt aber zu einem Zeitpunkt ansetzt, in dem eine Vielzahl qualifizierter Privatermittlungen bereits ihr bestimmungsgemäßes Ende gefunden haben, nämlich bei der Tatausführung.

Damit kollidiert die beauftragte private Ermittlungstätigkeit in einigen Fallkonstellationen mit Gegenrechten der Zielperson. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Ermittlungsauftrag, also der Detektivvertrag für sich nie dem Privatvermittler die Befugnis verleiht, in schützenswerte Rechtspositionen der Zielperson einzugreifen.

Vielmehr sind stets die Rechtsposition des Auftraggebers, aus der sich die Tätigkeit des Privatermittlers ableitet, und die Rechtspositionen der Zielperson abzugleichen.
Andererseits besteht insoweit eine Rechtsbeziehung zwischen dem Privatermittler und der Zielperson, als letztere – ohne dass es auf die Rechtsnatur der Privatermittlungen als vom Auftraggeber vertraglich abgeleitete Tätigkeit des Privatermittlers ankommt – in eine deliktische Haftung zu der Zielperson geraten kann. Das gilt namentlich dann, wenn durch die Privatermittlungen die Persönlichkeitsrechte der Zielperson oder Straftatbestände, die dem Schutz der Zielperson dienen, rechtswidrig verletzt werden. Soweit bei den Vertragsverhandlungen faktisch möglich, sollten in solchen Fällen Haftungsfreistellungen von dem Privatermittler vertraglich vereinbart werden. Diese gelten allerdings nur relativ im Verhältnis zum Auftraggeber; sie schützen demnach nicht den Privatermittler vor der privatrechtlichen Inanspruchnahme der Zielperson und erst recht nicht vor der staatlichen Strafverfolgung, aus deren Blickwinkel der Privatermittler stets Täter einer in Betracht kommenden Strafnorm sein wird.

Aufgrund der Jedermanns-Stellung des Privatermittlers kann sich auch aus der Intensität eines repressiven Tatverdachtes bzw. aus der präventiven Gefahrenintensität allein nicht die Befugnis zum Eingriff in schützenswerte Rechtspositionen der Zielperson ergeben, vielmehr sind in jedem Einzelfall die sich gegenüberstehenden Rechtspositionen abzuwägen. Der Tatverdacht ist ein Begriff aus dem öffentlichen Recht, namentlich dem Polizei- und Strafprozeßrecht.

Der Privatermittler ist aber kein Polizist. Dies gilt unabhängig des Umstandes, dass die Sicherheitsbranche ausweislich beeindruckender Zuwachsraten im Bereich der Unternehmenssicherheit ein konzeptionell nicht wegdenkbarer Faktor ist, der faktisch aus Unternehmersicht inhaltlich polizeiliche Aufgaben, und zwar sowohl im Aufklärungs- und Präventionsbereich wahrnimmt.

Von dieser Rechtslage ausgehend ist die Befugnis zu Ermittlungen des Privatvermittlers für den Arbeitgeber zu bestimmen.

  1. Strafrechtliche Grenzen

    Verletzt ein Privatermittler durch seine Tätigkeit allgemeine Straftatbestände, ohne einen Rechtfertigungsgrund für sich in Anspruch nehmen zu können, so bewegt er sich im illegalen Bereich.

a) Recht am eigenen Bild

Paradebeispiel ist die Bestimmung des § 33 I KunstUhrG, die auf Antrag des Verletzten die Verbreitung von Bildnissen von Personen unter Strafe stellt, die nicht unter die Voraussetzungen der § 22 und § 23 KunstUhrG fallen, was bei Zielpersonen für Privatermittler in aller Regel der Fall sein wird. Die Bestimmung des § 24 KunstUhrG, wonach Ausnahmen zugunsten der Behörden statuiert werden, unterstreicht den grundsätzlichen Schutz des eigenen Bildes vor privatem Zugriff.

Verbreitet ist das Bild, wenn es einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird, was schon dann zu bejahen ist, wenn die Bilder bestimmungsgemäß vom Auftraggeber gegen die Zielperson zu mittelbaren oder unmittelbaren Beweiszwecken eingesetzt werden sollen, was in der Regel der Fall sein wird.

Die Verbreitung verkörperter Videoaufnahmen fällt ebenfalls unter die Vorschrift, so soll etwa nach Ansicht des AG Stuttgart schon die Übertragung der Aufnahmen einer Videokamera auf Monitore einen Verstoß gegen § 22 KunstUhrG darstellen. Eine Einwilligung der Zielperson scheidet in den hier relevanten Fällen des Ermittlungsauftrags eines Arbeitgebers im Gegensatz zu der nicht verheimlichten Videoüberwachung aus, wie etwa bei Kaufhausbesuchern etc.
Der absolute Schutz des Rechts am eigenen Bild in einer Zeit, in der Tagebuch- und Tonbandaufzeichnungen nur noch sehr bedingt vor staatlichem Zugriff und dadurch mittelbar auch vor privatem Zugriff geschützt sind, erscheint widersprüchlich. Wer aber meint, die Vorschrift des KUG sei ein Relikt aus alter Zeit, in der Bildnisse auch aufgrund der technischen Schwierigkeit bei der Herstellung ein besonders empfindlicher Bereich des Persönlichkeitsrechtes waren, irrt. Dies zeigt der im Jahre 2004 eingeführte § 201 a StGB, der die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches u.a. durch die unbefugte Herstellung von Bildaufnahmen, unter Strafe stellt.

Dies gilt namentlich für Ermittlungsmaßnahmen in eine Wohnung hinein, die nicht notwendig die Wohnung der Zielperson sein muß, wenn diese sich nur darin aufhält.

Hinweis: Zu warnen ist vor Vereinbarungen mit dem Auftraggeber, dieser dürfe die vom Privatvermittler erhaltenen Bilder nicht weitergeben, da genau dies vorsatzbegründend sein kann, wenn es zur – vom Privatermittler vorhergesehenen – Weitergabe der Bilder kommt.

b) Straftatbestände zum Zweck des Datenschutzes

§ 201 I StGB verbietet Privaten die Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger, § 201 II StGB greift sogar schon ein, wenn das nicht zu Kenntnis des Privatermittlers gesprochene nichtöffentliche Wort abgehört wird.

Hinweis: Das vom Privatermittler verwendete Gerät unterliegt in solchen Fällen der Einziehung, was wirtschaftlich durchaus in einem Missverhältnis zum Auftragswert liegen kann.

Die Vorschrift wird flankiert von § 202a I StGB, wonach die unbefugte Datenausspähung unter Strafe gestellt ist, soweit die Daten zugangsgesichert und nicht für den Täter, hier: den Privatermittler, bestimmt sind. Dazu gehören neben Verbindungsdaten, wie sie etwa im og. Telekom-Ausgangsfall im Zusammenwirken mit dem Bruch des Fernmeldegeheimnisses nach § 206 StGB iVm § 88 TKG durch die zuständigen Handlungsträger des Unternehmens eine Rolle gespielt haben, insbesondere die Auswertung von e-mails, die sich auf einem Datenträger beim Arbeitgeber befinden. Insoweit spielt die aus dem Arbeitsrecht bekannte Problematik der unzulässigen Privatnutzung des betrieblichen Computers insoweit keine hervorgehobene Rolle, als private e-mails in jedem Fall dem Zugriff Dritter entzogen sind. Das wird insbesondere durch die § 4 und § 28 BDSG klargestellt, wonach überwiegende Interessen des Betroffenen die private Datenerhebung ausschließen, was bei erkennbar privaten Daten des Arbeitnehmers gegenüber der Ermittlung arbeitsvertraglicher Ansprüche des Arbeitgebers stets der Fall ist. Erlaubt ist lediglich die Feststellung, dass der betriebliche Computer im weiten Maße zu privaten Zwecken benutzt wird.

Die Auswertung von betriebsbezogenen e-mails fällt schon begrifflich nicht unter die vorgenannten Strafnormen, da eine Befugnis des Arbeitgebers zu deren Auswertung besteht.

Hinweis: Der Privatermittler ist in solchen Fällen insbesondere nicht daran gehindert, e-mails einzusehen, die als persönlich-vertraulich gekennzeichnet sind. Dies ist nach teilweiser Auffassung im fach-juristischen Schrifttum nämlich gerade ein Indiz dafür, dass es sich um eine unternehmensbezogene Nachricht handelt.

Die vorgenannten Grundsätze gelten nach bisherigem Stand in der juristischen Fachliteratur sowohl bei Ermittlungen gegen den Arbeitnehmer als auch bei Ermittlungen gegen Organe, wobei sich letzterenfalls Probleme bei der Zuständigkeit der Beauftragung von Ermittlungen an dem betroffenen Organ vorbei ergeben können, die im Extremfall dazu führen, dass die Anordnung inhaltlich zulässiger Ermittlungen unwirksam und damit strafrechtlich relevant sein kann.

§ 202b StGB stellt das unbefugte Abfangen von Daten unter Strafe. Die besondere Brisanz der § 202a, § 202b StGB ergibt sich aus § 202c StGB, wonach schon die Verschaffung von Passwörtern, Computerprogrammen und sonstigen Sicherungscodes zur Vorbereitung einer Tathandlung unter Strafe steht. Die Strafbarkeit wird also in den Bereich abstrakt-konkreter Gefährdung vorverlegt.

Weniger relevant im hiesigen Zusammenhang erscheint auf den ersten Blick die Vorschrift des § 202 StGB; diese schützt das Briefgeheimnis, dort allerdings neben der unbefugten Öffnung oder sonstigen Kenntnisnahme mit Hilfe technischer Möglichkeiten von verschlossenen Briefen auch die Ausspähung von Schriftstücken und Abbildungen. Um eine durchaus relevante Vorschrift für den Privatermittler handelt es sich bei § 203 StGB, der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung schon die unbefugte Veröffentlichung von Halter- und Fahrzeugdaten unter Strafe stellt, und damit auch die Teilnahme des Privatermittlers, der seine Kontakte zu Polizei und Behörden zur Datenerlangung benutzt, wenn er auch nicht Täter iSd Vorschrift sein kann.

  1. Rechtswidrigkeit
    Rechtfertigungsgründe in allen vorgenannten Fällen ergeben sich in der Regel nicht aus der Notwehr gem. § 32 StGB, da nicht die Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs, sondern die Aufklärung bzw. Prävention Gegenstand des Ermittlungsauftrags sein wird.
    Wichtiger ist hier der Notstandsgedanke, der im Wege einer Güterabwägung die tatbestandliche Verwirklichung einer der o.g. Strafnormen verwirklichen kann. Dies ist vom Privatermittler bei der Auftragserteilung im eigenen Interesse herauszuarbeiten und zu bewerten, da der Arbeitgeber qua Delegation auf den Privatermittler zugleich auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit abzugeben beabsichtigt, und sei es nur in der Hoffnung, einschlägige Handlungen des Privatermittlers als individuelle, dem Auftraggeber nicht zurechenbare Entgleisungen zu präsentieren. An dieser Stelle spielt die Intensität des Tatverdachts und die Schwere des Rechtsverstoßes, insbesondere im Hinblick auf den Schaden für das Unternehmen, eine herausgehobene Rolle.

Allerdings darf, je schwerer der Eingriff in die Rechte des Betroffenen ist, nicht das – aus grundrechtlicher Sicht gerade wegen der Bedeutung des Datenschutzes für den Bürger – vorrangige staatliche Ermittlungsmonopol vergessen werden. Insofern wäre etwa das Gegeninteresse des Unternehmens an der Verhinderung des Verrats von Geschäftsgeheimnissen durch Leitungspersonen wie im Telekom-Fall nur dann geeignet, ein Notstandsrecht des Unternehmens zu begründen, wenn die Einschaltung staatlicher Behörden nicht zu einem ähnlich wirksamen Ermittlungserfolg hätte führen können, beispielsweise aus betrieblichen Gründen. Dies ist letztlich im Einzelfall zu entscheiden, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die betroffene Leitungsperson selbst strafrechtlich relevante Handlungen möglichen Strafwürdigkeit nach § 17 UrhG und in Einzelfällen nach den § 203 und § 204 StGB (Verwertung von Geschäftsgeheimnissen durch Geheimnisträger, beispielsweise bei einer nach der Personalvertretungsrecht schweigepflichtigen Person) begangen hat.

Hinweis: In solchen Fällen sollte schon bei der Anbahnung des Vertrags und dessen Durchführung anwaltlicher Rat eingeholt werden.

  1. Sonstige Ermittlungshandlungen / Verwertbarkeit
    Außerhalb der strafrechtlichen Normen wird, soweit nicht der besonders hoch einzuschätzende Wert des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Zielperson außerhalb der vorgenannten Strafnormen ausnahmsweise verletzt wird, eine Unzulässigkeit von Ermittlungshandlungen nicht anzunehmen sein, wobei der Straftatbestand des Stalkings nach § 238 StGB zu einer Lahmlegung der Tätigkeit von Privatermittlern führen könnte, wenn er von den Gerichten nicht einschränkend ausgelegt wird, wobei in rechtlicher Hinsicht die o.g. Notstandsgedanken gleichermaßen gelten, und in faktischer Hinsicht ein Privatermittler, der wegen Stalkings von der Zielperson angegangen wird, in der Regel damit offenbart, sein Handwerk nicht zu beherrschen, so dass von einer allzu hohen Relevanz des Themas nicht auszugehen sein wird.

Im Bereich der Verfolgung und Ortung einer Zielperson mittels GPS-Technik gilt dies gleichermaßen, wobei in aller Deutlichkeit festzuhalten ist, dass die Befugnis der Polizei im repressiven Bereich gem. § 110c I 1 b) StPO zur Durchführung solcher Maßnahmen wohl auf den privaten Ermittler nicht übertragbar ist. Es handelt sich um einen tiefgreifenden Eingriff in die Rechte der Zielperson, der nur im Zusammenhang mit der richterlichen Anordnungskompetenz nach § 163f StPO unter den dort geregelten Voraussetzungen gerechtfertigt ist. Die Verwertbarkeit von privaten Ermittlungen richtet sich im Zivil- und Strafprozeß nach einer umfassenden Interessenabwägung. Im Ergebnis wird die gerechtfertigte Ermittlung verwertbar sein, die nicht tatbestandlich ohnehin, während die tatbestandlich-rechtswidrige Ermittlungshandlung nicht verwertbar sein wird.